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Archäologische Untersuchungen am Lager Kaufering VII

Neben den Konservierungsmaßnamen an den Tonröhrenbaracken fand auch eine archäologische Bestandsaufnahme von Teilen des Geländes statt. Dabei wurde ein Sanitärbereich freigelegt und kartiert und ein Funktionsanbau einer Barackenruine von Steinen befreit und bis auf den Bodenestrich freigelegt werden. Hier konnte vormals Wasser erhitzt werden, das in das daneben liegende Gebäude per Wasserleitung geleitet werden konnte. Offensichtlich war es das einzige Barackengebäude mit Warmwasseranschluss, der vermutlich der Desinfektion diente. Anhand von Bodenprofilen war die Lage der Erdhütten erkennbar. Im Eingangsbereich der Hütte in der südlichen Lagerreihe wurden Quer- und Längsschnitte angelegt und die Fundamente wurden freigelegt. Die Holzdächer der Hütten waren nach dem Krieg angezündet worden. Die darüber liegende Erdauflage hatte teilweise die Flammen erstickt, sodass genügend Reste gefunden werden konnten, um sich ein Bild von der Konstruktion machen zu können und die tatsächlichen Ausmaße mit den Bilddokumenten und den Beschreibungen von Lagerinsassen vergleichen zu können.

 

Sie steckten uns in Erdhütten. Diese befanden sich in der Erde und hatten nur ein kleines Dach. (Gisela Stone)

 

In der Mitte der Erdhütten befand sich ein schmutziger Graben. Der Graben war durch ein Dach geschützt. Links und rechts des Grabens, kniehoch, gab es einen Holzboden, der mit Holzwolle bedeckt war. Der Boden des Grabens war unter dem Niveau des Erdbodens. Wir schliefen auf der Höhe der Erdoberfläche. Das Dach war mit Erde bedeckt. Es war der einzige Platz auf dem Lagergelände an dem Gras wuchs. Jede Hütte hatte nur einen Eingang und am Ende einer jeden Hütte gab es ein Doppelfenster. Eine Hütte war ungefähr 12 Meter lang, der Mittelgang war circa einen Meter breit. Die linke und die rechte Seite des Grabens maß jeweils 1,70 Meter. (Dr. Norbert Fried)

 

In der Mitte konnte man gerade noch aufrecht gehen, doch musste man liegend auf die nackte Schlafstätte kriechen. Diese Unterbringung war noch ärger als in Auschwitz. (Elias Godinger)

 

Die Decke war derart niedrig, dass man auf dem Bohlenbelag nicht sitzen konnte. Andererseits hatte man wegen dem stark abfallenden Dach nicht mehr als 10 cm Platz für die Füße. Es waren keine Baracken, sondern Hundehütten und obendrein waren sie noch völlig verdreckt. (Sara Bentar/Anne Cohen/G. u. L. Hasson)

 

Es waren 50 Häftlinge in jeder Erdhütte. (Dr. Norbert Fried)

 

Zu manchen Zeiten waren sogar 110 oder 120 Menschen in einer Hütte untergebracht. (Dr. Selmond Greenberg)

 

Quelle: Europäische Holocaustgedenkstätte

 

Dem Frühjahrssturm, der eine Fichte umgeworfen hatte, die auf weiteren Überresten gewachsen war und dem tatkräftigen Einsatz der Schülerinnen aus vier 8. und einer 9. Klasse war es zu verdanken, dass ein weiterer Funktionsbau freigelegt werden konnte. Seine tatsächliche Verwendung konnte nicht einmal durch Zeitzeugen zweifelsfrei geklärt werden. Der Aufbau mit mehreren Becken, Abflüssen, Revisionsschächten und angeschlossenen Kaminen lässt aber vermuten, dass es sich um eine Wäscherei gehandelt hat. Durch die Mitarbeit und die Beobachtung der Archäologen bekamen die beteiligten SchülerInnen ein Eindruck, wie sorgsam beim Sichern archäologischer Funde umgegangen werden muss und wie aufwendig jeder Schritt und jedes Ergebnis dokumentiert wird.